Rain | Markus Erdt | Als Manfred Arloth in den 1970er Jahren für den Faschingsclub Rain den Ruf „Tilly-Johoo“ erfand, konnte er wohl nicht davon ausgehen, dass sich dieser Ausdruck der Glückseligkeit und Lebensfreude bis heute fest in den Wortschatz eines echten „Roaners“ einbrennt. „Tilly-Johoo“ wird offensichtlich von einer Generation auf die nächste übertragen und trägt damit maßgeblich dazu bei, dass sich der Fasching in Rain immer wieder selbst erneuert. Auch im vergangenen Jahr wurden Teile des Präsidiums ersetzt und an vorderster Front Bernhard Bischoff von Simone Schmid abgelöst. Die bestand am Freitag ihre Feuertaufe beim ersten der insgesamt sechs „Bunten Abende“.
Die rund 130 Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen boten den zahlreichen Besuchern im fast voll besetzten Pfarrheim alles, was man von einer Veranstaltung dieser Art erwarten kann: Showeinlagen, Gesang, Körper- und Wortakrobatik, Humor – mal banal mal tiefsinnig – und Tanz. Körperliches und
geistiges Durchhaltevermögen war auch von den Besuchern gefordert, denn die mussten immerhin von 19.30 bis 1.15 Uhr ausharren, bis die insgesamt 75 Punkte im Ablaufprogramm abgehakt waren. Trotzdem gingen die Faschingsfreunde gut unterhalten nach Hause und zollten den Laiendarstellern für ihre teilweise profihaften Einlagenunter dem Motto „Rock‘n Roa“ höchsten Respekt. Dafür, dass der Abend noch länger und nachhaltig nachwirken kann, hatten die „Schabracken“ (Mona Rauschenberg und Conny Marb) im Rahmen ihres angekündigten letzten Gastspiels beim Rainer Fasching gesorgt. Nach dem Aufstieg von Klofrauen zu Wissenschaftlern erfand das Duo nämlich das Anti-Krisen-Präparat „High Fidelity“, das für kollektive Geistesblitze sorgen soll, damit Rain eine Erleuchtung erfährt, wie zum Beispiel die Innenstadt aufgewertet werden kann.
Dass sie damit eine Marktlücke entdeckt haben, zeigte sich bereits kurz nach ihrem unterhaltsamen Auftritt, als die Dosen mit dem neuen Wirkstoff angeblich auch bei Stadträten reißenden Absatz fanden. Spätestens nach der Dankesrede auf „IKEA-Schwedisch“ im Vorgriff auf den in Aussicht gestellten Nobelpreis, war dem Publikum klar, dass das Duo in dieser Form eine große Lücke hinterlassen wird. Der Auftritt hatte hohes Niveau, weil er Lokalkolorit pointiert und witzig präsentierte.
Geistreiche Reime
Eine Bewertung, die sich auch das Quartett „Problemzone“ (Christa Wiest, Monika Modlmair, Bernhard Ull und Wolfgang Haschner) verdiente. Sie spannten in einer Mischung aus anspruchsvollem Gesang und geistreichen Reimen in verschiedenen Dialekten den Bogen von den körperlichen Problemzonen der Frauen und Männer zu denen der Banken und schließlich der Stadt Rain. Da bekam Stadtpfarrer Johann Menzinger ob seiner umstrittenen Gesangskünste sein Fett genauso weg wie die Bürger der Tillystadt („Zur Gartenschau war Rain flott, jetzt haben wir den alten Trott“) oder Präsidentin Simone Schmid („Die Kleinste, die am lautesten schreit, ist Präsidentin heit“). Ein beachtliches Debüt feierten die Nachwuchsakteure Christoph Haberle und Felix Forster, die sich über die mangelnden Betätigungsfelder für die Jugend in einem Zwiegespräch unterhielten. Für die Stadtväter war es bestimmt interessant und ist auch ernst zu nehmen, wie die Teenager ihre Heimatstadt sehen. So bezeichneten sie die Mitglieder des Fördervereins „Freunde der Gartenschau“ als Radieschenzähler“ und stellten den Event-Charakter der Dixiklos bei der Gartenschau heraus.
Herr Pfarrer Gottwald, Ritter 2010
Lüsterner Witzbold
Den lüsternen Witzbold „Kalle Dipferle“ gab Willy Schweickerdt, der ein Feuerwerk an Gags zündete, die aber aufgrund der Vielzahl und des hohen Tempos des Vortrags teilweise verpufften.
Das lag aber auch daran, dass ihnen größtenteils der lokale Bezug fehlte und dem Zuschauer der eine oder andere Witz bekannt vorkam. Trotzdem sorgte er für zahlreiche Lacher und heizte mit seinen Gesangseinlagen mit den Liedern „Im Himmel ist die Hölle los“ sowie dem „Fliegerlied“ den anfangs eher kühlen Saal temperatur- und stimmungsmäßig auf.
Für die gekonnten überleitungen mit Gags und Gesangseinlagen sorgte das Moderatoren-Trio, das aus Präsidentin Simone Schmid sowie Florian Riehl und Markus Haschner bestand. Letztere ernteten viel Lob, als sie als „Rastlos Rockende Rainer“ im Stile Willy Astors Namen von Lechstädtern in ihre VIP-News einbauten. Es bedarf schon einiger Kreativität und Beobachtungsgabe, um zum Beispiel die Dehner-Mitarbeiter als „Abis Weberknechte“ zu bezeichnen. „Faig“ waren die beiden bei ihren Ausführungen jedenfalls nicht.
Zeitungsbericht 11.1.2010 zum nachlesen
„Mit freundlicher Genehmigung der Donauwörther Zeitung“